Journalisten müssen solidarisch sein

Am vergangenen Samstag nahm ich am Landesverbandtag des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) in Mecklenburg-Vorpommern teil. Offen gesagt, habe ich mich immer schwer getan, dem Verband beizutreten. Mein Kontakt bestand über viele Jahre darin, dass ich einmal im Jahr einen Presseausweis beantragte. Das klappte völlig unkompliziert und das nächste Jahr interessierte ich mich eigentlich überhaupt nicht mehr für das was der Verband macht.

Dann wurde ich einmal angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte dem DJV beizutreten. Als Freier, so mein damaliges Empfinden, bringt mir eine Mitgliedschaft eigentlich wenig. In Redaktionen sind wir doch immer etwas außen vor. Wenn es um Tarifabschlüsse geht, so haben wir ebenfalls wenig davon. Trotzdem, davon bin ich inzwischen fest überzeugt, braucht es das solidarische Miteinander der Branche.

Journalismus bietet Informationen und Einordnung von Informationen – ist also Nahrung für den Kopf. Wir nehmen unsere Arbeit ernst. Ich bin froh darüber in einem Land journalistisch arbeiten zu können, in dem ich frei arbeiten darf. Gerade im Hinblick auf andere Teile der Welt, ist das ein Luxuszustand. Aber unsere Freiheit bezahlt keine Miete, keine Ausstattung und kein Honorar. Und schaue ich mir unter diesem Gesichtspunkt die Situation von Journalisten in Deutschland an, dann sieht vieles plötzlich gar nicht mehr so rosig aus.

 

Statt Journalismus interessengesteuerte Manipulation

 

Vor kurzem habe ich mich mit einem Kollegen aus dem Nahen Osten unterhalten, deren Land durch Krieg, Gewalt Vertreibung und Korruption gezeichnet ist. Sein Problem ist, dass er seine Arbeit oft gar nicht finanzieren kann. Deswegen gibt es dort kaum Journalisten. Wo die Kontrolle fehlt, da gewinnt Korruption. Die Menschen leben dort schlecht.

Nun werden Sie sagen, das hat doch alles nichts mit uns zu tun? Wir haben doch ein grundgesetzlich garantiertes „Recht auf Meinungsfreiheit“. Jeder Mensch in Deutschland kann sich aus allgemein zugänglichen Quellen seine eigene Meinung bilden. Ist doch alles super! Was aber, wenn es immer weniger Quellen gibt!

Wer nicht erkennt, das Journalismus Geld kostet, der bekommt Fake-News, Kampagnen, PR und kräftig das Gehirn gewaschen. Kritischer Journalismus ist nämlich harte Arbeit und kostet daher Geld. Wenn es kein Geld gibt, dann kann es auch keinen kritischen Journalismus geben. Sie erhalten nur noch gezielte, ungeprüfte Verlautbarungen von Interessensgruppen. Sie werden nicht mehr informiert. Den Journalisten als Kontrollinstanz der gesellschaftlich Handelnden gibt es nicht mehr, da er nicht bezahlt werden kann. Journalismus wäre nur noch interessengesteuerte Manipulation der Leserschaft. So kann keine freiheitlich-demokratische Grundordnung funktionieren. Geht der Journalismus zu Grunde, dann hat das ganz fatale Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie glauben das ich hier übertreibe?

Machen wir doch einmal den Test: Nennen Sie mir eine freiheitlich funktionierende Gesellschaft ohne einen funktionierenden Journalismus. Die Antwort ist ganz simpel: Diese Gesellschaft gibt es nicht.

 

Die Finanzschwäche der Mediensysteme bedroht die Demokratie

 

Was wir in Deutschland vielmals beklagen, ist meiner Meinung nach auch eine Auswirkung des immer finanzschwächer werdenden Mediensystems. Extrempositionen, Fake-News, Kampagnen gegen Menschen und Personengruppen – als das bedroht unsere Demokratie. Vorwürfe der „Lügenpresse“ gegen Journalisten sind meist falsch. Richtig ist aber, dass der finanzielle Druck der Verlagshäuser heute von oben nach unten durchgegeben wird. Alles muss schnell und möglichst kostengünstig gehen. Für eine ordnungsgemäße Recherche oder für eine sachliche Einordnung der Informationen, fehlt schlichtweg das Personal,  da seit Jahren in den Verlagen aus Kostengründen abgebaut wurde.

Auch ich spüre tagtäglich die Probleme bei der Erstellung unserer digitalen Tageszeitung. Vieles was ich machen möchte, kann ich nicht machen, da schlichtweg das Geld fehlt. Tag für Tag lebt auch unsere Zeitung mit dem Prinzip der „Lücke“. Nicht weil wir verschweigen wollen, sondern weil uns das Geld fehlt, um so viele Mitarbeiter zu beschäftigen, um unser Angebot umfassender zu machen. Wir leiste daher immer nur das, was wir uns auch leisten können. Ohne Moos, ist auch bei uns nix los!

Sie haben recht, wenn Sie jetzt sagen, dass es die Medien selbst waren, die mit den kostenlosen Angeboten im Internet, der Geiz-ist-Geil-Mentalität Vorschub geleistet haben. Die Verlage klagen heute über sinkende Werbeeinnahmen, haben aber – um ihren Anzeigenmarkt im Printbereich zu schützen – den digitalen Anzeigenmarkt kaputt gemacht. Nur hilft uns diese Erkenntnis nicht weiter. Überall werden Angebote eingestellt, Journalisten entlassen oder ausgegliedert, damit sie dann schlechter bezahlt werden können. Das machen nicht nur Lokalredaktionen, sondern es ist gängige Praxis auch in den großen Medien. Ob Spiegel, FAZ, Stern, Süddeutsche oder Welt – alle Zeitungen stehen vor enormen Problemen. Selbst die Bild-Zeitung muss Quartal für Quartal Auflagenrückgänge hinnehmen. Eine Zeitungsprojekt wie die taz konnte sich nur etablieren, weil dort von Anfang an Hungerlöhne gezahlt werden. Vom Journalismus leben zu können, wird Jahr für Jahr schwieriger. Geld bringt alleine die PR – das ist dann aber kein Journalismus.

 

Branche sitzt die Angst im Nacken

 

Leider erfahren Sie als Leser über diese Zustände in der Medienlandschaft kaum etwas. Keine Branche geht mit sich selber verantwortungsloser um als die Medienbranche. Sie werden daher nicht davon lesen, wie schlecht freie Mitarbeiter bezahlt werden. Sie werden nicht lesen, wenn wieder einmal Journalisten in Verlagshäuser in Tochtergesellschaften ausgegliedert werden und danach schlechter bezahlt werden. Auch werden sie nicht erfahren, dass Redaktionen meistens nur noch Zeitverträge vergeben und ansonsten nur noch die Kurve Richtung Personalabbau kennen. Die Branche feiert sich vielmehr selber und täuscht damit über den katastrophalen Zustand hinweg. Viele Journalisten haben Angst auf die Straße gesetzt zu werden. Mit dieser Angst im Nacken sind sie gefügig, wagen sich kaum noch etwas. Angst verändert das Denken und gibt Beeinflussung Raum. Für die Pressefreiheit eine gefährliche Entwicklung. Der Druck wird von oben nach unten durchgereicht.

Es braucht also die Solidarität eines Verbandes, der einem den Rücken stärkt.  Auch als Freier braucht es einen Berufsverband.

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