Zersplittert die Union?

Nach der konservativen WerteUnion hat sich nun eine liberale Union der Mitte gegründet. 

Parteiflügel, die sich öffentlich bekämpfen, kannte man bisher nur aus der SPD. Zwar gärt auch in der Union seit langer Zeit eine gewisse Unzufriedenheit mit der Parteiführung. Dem Ärger wurde aber nur in den Parteiversammlungen Luft gemacht. Seit die AfD der Union politisch im Nacken sitzt, brechen die Konflikte nun aber auf. Ein Schock war die letzte Bundestagswahl: CDU und CSU verloren mehr als eine Million Wähler an die Rechtspartei. Auch in Bayern kam die AfD auf mehr als zwölf Prozent der Wählerstimmen – so viel wie in keinem anderen westdeutschen Bundesland. Die CSU fuhr das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 ein.

Parteichef Seehofer kündigte im Nachgang recht schnell an, dass man nun die „offen Flanke“ auf der rechten Seite der Union schließen müsse. Die Strategie dahinter: Wenn wir den rechten Rand wieder abdecken, dann wird die AfD schon wieder verschwinden. Bisher geht diese Strategie allerdings nicht auf, wenn man auf die Wahlprognosen schaut. Die Not bei der Union ist daher groß. Die AfD zu zerfasern, indem die Union nach rechts blinkt, hat sich für die CSU als Bumerang erwiesen. Die Partei verliert zunehmend die Zustimmung der Mitte. Das erweist sich als Problem.

Mit der „Union der Mitte“ haben Unions-Mitglieder eine Basisplattform geschaffen, die nach eigenen Angaben der „schweigenden oder zu stummen Mitte der Partei“ eine Stimme geben möchten. Die Plattform agiert im Moment vor allem auf Social Media-Kanälen wie Twitter und Facebook. In kürzester Zeit gewann der Facebook-Auftritt 3 225 Likes. Im Vergleich dazu wurde die Seite der WerteUnion, dem konservativen Gegenpol zur Union der Mitte, 3 263 Mal gelikt, obwohl es diese Basisgruppe schon weitaus länger gibt.

Mit der WerteUnion und der Union der Mitte haben sich nun erstmals Mitgliederinitiativen gegründet, die die Union zerfasern könnten. Wenn „Mitte“ zum Kampfbegriff eines Teils der Union wird, verliert das Wort seine wohlige Unschärfe, unter der sich am Ende alle versammeln können. Aus der CSU kommt nun Gegenwind.

Die Landesleitung hat den Mitte-Gründer Stephan Bloch in einem Brief aufgefordert, die Aktivitäten der Union der Mitte einzustellen. Gegenüber der Tagespost begründet CSU-Sprecher Jürgen Fischer den Schritt damit, dass es genug Plattformen in der Partei gäbe, in denen sich die Unionsmitglieder engagieren können. „Bei unseren Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen handelt es sich um von unserer Satzung legitimierte und von unserem höchsten Beschlussorgan, dem Parteitag, abgesegnete Foren. Sie sind die Plattformen, um die unterschiedlichen politischen Ausrichtungen in die CSU zu integrieren.“, so Fischer.

Im Spiegel sprach CSU-Generalsekretär Markus Blume im Hinblick auf die Union der Mitte sogar von „Spaltung“ und „Sektierertum“. Inhaltlich möchte sich der Presseverantwortliche der Union der Mitte, Benjamin Heimann, zu Blumes Vorwürfen nicht äußern. Im Moment prüfe man das Schreiben noch. Den Vorwurf der Spaltung weist Heimann aber zurück. Vielmehr möchte man die Meinungen aus der konservativ-liberalen Mitte der Unionsfamilie zusammenzufassen und transportieren. „Insofern sind wir weiterhin an einem Dialog mit den Parteispitzen der CDU, aber eben auch der CSU interessiert“, so Heimann gegenüber der Tagespost. Man verfolge weder das Ziel, ein eigenständiger Verein zu werden, noch erhebe man den Anspruch, als Vereinigung oder Sonderorganisation in die Parteistrukturen aufgenommen zu werden. „An dieser Stelle unterscheiden wir uns deutlich von den national-konservativen Gruppen, die ihren Fokus auf derartige Anerkennungen legen; wir wollen lediglich den innerparteilichen politischen Prozess der Meinungsfindung mitgestalten“, sagt Heimann.

 

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