Ein Moment der Stille

„Nightfever“, eine Nacht der Anbetung in einer stillen Kirche, ist eine Erfindung des Weltjugendtags 2005. Die Schweriner Propsteikirche hat diese Nacht vor dem vierten Adventssonntag angeboten – wo sie gut passte.

Zur Ruhe kommen, sich besinnen und auftanken. Eigentlich ist die Adventszeit genau dafür gedacht. In der Realität ist davon oft nicht sehr viel zu spüren. Umso spannender war daher das Angebot, welches junge Menschen der katholischen Propsteikirche St. Anna in Schwerin am 19. Dezember den vorbeigehenden Menschen machten.

In der Innenstadt ist Weihnachtsmarkt und Gruppen von Menschen möchten an diesem Abend über den „Stern des Nordens“ bummeln oder an einem der vielen Stände einen Glühwein trinken. Obwohl die Adventszeit auf die Ankunft Christi vorbereiten soll, spielt Religion gerade in einer atheistisch geprägten Stadt wie Schwerin kaum eine Rolle. Umso erstaunter die Gesichter der Menschen, wenn sie plötzlich angesprochen und in die Kirche eingeladen werden: „Kommen Sie doch einfach mal rein und zünden Sie eine Kerze an.“

Eingeladen fühlten sich an diesem Abend nicht nur gläubige Christen. Die St-Anna-Kirche in der Schlossstraße war an diesem Abend für über 100 Menschen ein Rückzugsort und eine Oase, in der man für kurze Zeit seinen Stress abwerfen konnte.

Der Innenraum der Kirche war in warmes Kerzenlicht getaucht. Auf dem Altar stand die Monstranz mit dem Allerheiligsten, eine Geste des Willkommens für jeden, der sich an diesem Abend berühren ließ.

Die Nacht der offenen Kirche, die als „Nightfever-Abende“ inzwischen in vielen Städten in Deutschland und überall auf der Welt organisiert werden, haben ihren Ursprung im Weltjugendtag 2005 in Köln. Erstmals fand er nun in Schwerin statt. Ob so ein Angebot auch hier angenommen werden würde? Die Aufregung zur Premiere war den 21 Jugendlichen, die den Abend mit Kaplan Heiko Kiehn und Gemeindereferentin Anna Rotermann vorbereitet hatten, anfangs anzumerken. Völlig unnötig: Immer wieder
betraten Menschen die Kirche, ließen sich von der Atmosphäre anstecken, zündeten am Altar eine Kerze an oder setzten sich einfach in die Bankreihe und lauschten der Livemusik. Immer wieder hörte man am Infostand der Helfer ein „Danke für dieses schöne Erlebnis.“ Das war motivierend und eine Bestätigung, dass die jungen Menschen eine zeitgemäße Form der Ansprache kirchenferner Menschen gefunden haben.

Der Abend war ein Erfolg. Spaß gemacht hatte es allen, auch wenn sich nicht jeder Passant auf der Straße einladen ließ. Das drückte die Stimmung dann aber keineswegs. Schon jetzt, so kündigen die Organisatoren an, planen sie im kommenden Jahr Wiederholungen.

 

Dieser Artikel ist zuerst in der NEUEN KIRCHENZEITUNG erschienen.

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